Uralte Instinkte sichern vielen jungen Tieren das Überleben: Regungslos, geduckt und noch fast ohne den typischen arteigenen Geruch verharrt der gut getarnte Nachwuchs von Reh und Feldhase die ersten Lebenswochen im hohen Gras und wartet auf die Versorgung und Pflege durch das Muttertier. Die Rehgeiß säugt die Kitze in den ersten Lebenstagen mit ihrer gehaltvollen Milch alle paar Stunden, auch nachts, innerhalb von wenigen Minuten. Mit zunehmenden Lebenstagen verlängern sich die Abstände der Saugakte. Jedes Säugen kann Feinden die Anwesenheit der Tiere verraten. Wenn die Rehgeiß von ihren Streifzügen zurückkommt, um ihre Kitze, meist sind es Zwillinge und manchmal sogar Drillinge, zu versorgen, werden sie munter. Die gemeinsam verbrachte Zeit ist allerdings jedes Mal sehr kurz.
Allein gelassen im hohen Gras und mucksmäuschenstill geduckt verharrend sind die jungen Rehe mit der für hirschartige typischen getupften Fellfärbung bestens getarnt. So entgehen sie ihren Fressfeinden. Die Kitzsterblichkeit in den ersten Lebenswochen ist dennoch sehr hoch. Denn vor allem bei nasskalter Witterung wie in diesem Frühjahr, kühlen die kleinen Körper schnell aus.
Geißen bevorzugen Wiesen mit hochstehendem Gras, meist in einer Entfernung von 50 Metern vom Waldrand, gegenüber dunklen, kühlen Plätzen im Wald, um ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen. Eine gute Belüftung trocknet nasse Plätze schnell wieder ab. Das Liegeverhalten, das Ducken, zeigen die Kitze nur für ca. 2,5 Wochen. Danach springen Kitze vor einem herannahenden Menschen auf und versuchen zu flüchten. Oberste Priorität ist es, das Überleben sichern.
„Rehkenner können anhand der Kitzflecken das Alter der Kitze schätzen. Bereits ab einem Alter von vier Wochen beginnen die Flecken langsam zu verblassen“, weiß der Dr. Ernst-Ulrich Wittmann, Vorsitzender des Jäger- und Jagdschutzverein Dachau (JJVD). Geschwisterkitze werden zwar am selben Ort gesetzt, also geboren, doch innerhalb der nächsten fünf Stunden verlassen sie diesen Ort und trennen sich. Dabei kriechen sie wie Frösche auf dem Bauch und lassen sich unabhängig voneinander im Abstand von mehreren Metern nieder. Feinde, die zufällig über ein Jungtier stolpern, erwischen so nicht gleich alle Kitze eines Muttertieres.
Was gegen Raubtiere hilft, bringt heute den Tod. Die über Jahrtausende bewährten Überlebensstrategien der Wildtiere zur Feindvermeidung schützen sie zwar gut gegen Beutegreifer wie Fuchs und Rabenkrähe, wirken sich bei der Wiesenmahd jedoch verheerend aus. Jedes Jahr werden Rehkitze, Junghasen und viele am Boden brütende Vogelarten und deren Junge durch Mähwerke getötet. Nicht nur sich drückende Jungtiere sind gefährdet, auch bereits mobiles Jungwild und sogar erwachsene Tiere können von den rasanten Mähwerken erwischt werden. Um die Verluste bei der Mahd zu minimieren, arbeiten Jäger eng mit den Landwirten zusammen und engagieren sich in der Wildtierrettung.
„Auch herumstöbernde Hunde sind eine große Gefahr für junge Wildtiere. Alle Erholungssuchenden werden deshalb gebeten, sich bis Ende Juni nur auf ausgewiesenen Wegen aufzuhalten und Hunde, die nicht auf Zuruf oder Pfiff reagieren, anzuleinen“, so der Dr. Ernst-Ulrich Wittmann. Sollten Sie zufällig ein Rehkitz finden, so die Bitte von Dr. Ernst-Ulrich Wittmann verfahren Sie wie folgend: anschauen, keinesfalls berühren, weitergehen, im Zweifelsfall Jäger informieren. Die Mutter wird es, wenn die Luft rein ist, auf jeden Fall abholen, verstößt es jedoch, wenn es nach dem Berühren „nach
Mensch“ riecht.