Strahlende Wildschweine in bayerischen Wäldern

Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl jährt sich am 26. April 2021 zum 35. Mal. Auf der siebenstufigen internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse wurde sie als erstes Ereignis in die höchste Kategorie katastrophaler Unfall eingeordnet. Innerhalb der ersten zehn Tage nach der Explosion wurde eine Radioaktivität von mehreren Trillionen Becquerel in die Erdatmosphäre freigesetzt. Die so in die Atmosphäre gelangten radioaktiven Stoffe, darunter die Isotope 137Caesium mit einer Halbwertszeit (HWZ) von rund 30 Jahren und 131Iod (HWZ: 8 Tage), kontaminierten infolge radioaktiven Niederschlags hauptsächlich die Region nordöstlich von Tschernobyl sowie durch Windverfrachtung viele Länder in Europa. In Deutschland war Bayern besonders betroffen. Insbesondere Südbayern, Teile von Schwaben, der Bayerische Wald und auch einige Gebiete in der Oberpfalz und in Oberfranken wurden 1986 vom radioaktiven Niederschlag erfasst.

Das Schwarzwild kann deshalb bis heute in den sogenannten Fallout-Regionen radioaktiv belastet sein. „Dies liegt an den Lebensgewohnheiten dieser Wildart“, so Dr. Ernst-Ulrich Wittmann, Vorsitzender des Jagdschutz- und Jägerverein Dachau (JJVD), „denn, ist nicht genug oberflächige Nahrung vorhanden, suchen sie im Gegensatz zu anderen Wildtieren im Boden nach Fraß und nehmen dabei Wurzeln oder Pilze auf, die noch radioaktiv belastet sein können.

Damit nur genusstaugliches Wildbret auf den Teller der Verbraucher kommt, hat der Bayerische Jagdverband (BJV) in den 90er Jahren damit begonnen, ein flächendeckendes Netz von Radiocäsium-Messstationen zu errichten. Denn bei jedem erlegten Wildschwein, das weiterverwertet wird, muss eine Probe untersucht werden. Damit dies für den Landkreis Dachau reibungslos geschehen kann, hat der JJVD seit langem eine Messstation in Vierkirchen und neuerdings auch eine in Günding eingerichtet.

Aufgrund der hohen Halbwertszeit von 137Caesium, ist aber auch noch in naher Zukunft mit einer Belastung zu rechnen, deshalb werden die Messungen fortgeführt. Als nicht genusstauglich wird jedes Wildschwein ab einen Wert über 600 Becquerel pro Kilogramm eingestuft. Für Wildbret, für das die Strahlenmessung ein Messergebnis über diesem Höchstwert ergeben hat, besteht ein Verbot, dieses in Verkehr zu bringen. Der Verbraucher kann also dank der vorgenommenen Messungen und dem verantwortungsvollen Umgang der hiesigen Jägerschaft mit der Problematik jederzeit sicher sein, dass das von hier stammende Wildbret einwandfrei und genusstauglich ist. „Wildbret vom Wildschwein ist ein Genuss und kann ganze Jahr über frisch bei einem Jäger bezogen werden kann.“ betont Dr. Ernst-Ulrich Wittmann.

Bildnachweis: Marco Ritter