Der Wolf ist zurück

Im Wald an der Landkreisgrenze (Dachau – Aichach/Friedberg) zwischen Odelzhausen und Freienried haben Spaziergänger ein fast aufgefressenes Reh, in einer Blutlache liegend, aufgefunden. Aufgrund der Verletzungen wandte sich der zuständige Jagdpächter an das Netzwerk „Große Beutegreifer“, das für solche Fälle vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) etabliert ist. Anhand einer DNA-Probe wurde zweifelsfrei nachgewiesen, dass ein Wolf eine große Bisswunde am Nacken des Rehs verursacht hatte.

Rein rechtlich hat der Wolf mit der Jagd nichts zu tun. Er unterliegt nicht dem Jagdrecht. Zudem ist der Wolf, strafbewehrt, als besonders schützenswert eingestuft, sodass für den Wolf ein „Rundumschutz“ besteht.

Dennoch hat er großen Einfluss auf die Jagd, wie der Vorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins Dachau (JJVD), Dr. Ernst-Ulrich Wittmann, betont. „Das Rehwild, das bei uns seine Haupt-Beutetierart ist, wird vorsichtiger und scheuer werden“, prognostiziert er. Ohnehin, so Wittmann, würden viele Wildtiere seit der Corona-Phase durch Spaziergänger und Freizeitsportler stärker zurückgedrängt als sonst.

Der Wolf und die Naturnutzer setzen damit einen unguten Kreislauf in Gang: Traut sich das Reh weniger zum Äsen auf Wiesen und Felder, nimmt es notgedrungen mehr Nahrung im Wald auf, also vor allem Baumknospen. Die Bissspuren an der Waldverjüngung unterliegen allerdings dem kritischen Blick der Forstbehörden. „Wird beim jetzt anstehenden Vegetationsgutachten mehr Verbiss an Bäumen und Pflanzen festgestellt, erhöhen viele Landratsämter den Jägern die Rehabschussvorgaben“, erklärt Wittmann. Es könnte also zu der paradoxen Situation kommen, dass der Wolf indirekt erst für mehr Waldschäden sorgt und dann noch bewirkt, dass die Jäger ihm seine eigene Beute wegschießen müssen.

„Ein gesundes Gleichgewicht in unserer Kulturlandschaft kann nicht entstehen, wenn die eine Tierart einen „Freibrief“ hat, die andere aber als Schädling gilt“, so Wittmann. „Wer den Wolf will, muss auch dem Reh mehr Lebensrecht zugestehen.“ Er fordert, dass bei der Abschussplanung für die Jagd berücksichtigt wird, ob ein Wolf in der Region Beute reißt. Ist das der Fall, sollten die Jäger weniger Rehe erlegen müssen als vorher.

Bildnachweis: Manfred Nieveler / piclease