Verwendung bleihaltiger Schrotmunition

Zum Thema “Verwendung bleihaltiger Schrotmunition in oder in der Nähe von Feuchtgebieten” haben wir vom BJV-Regierungsbezirksvorsitzenden Alexander Flierl MdL folgende Informationen erhalten:

In der Verordnung (EU) 2021/57 vom 25. Januar 2021 zur Änderung des Anhangs XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) betreffend bleihaltiger Munition in oder in der Nähe von Feuchtgebieten wurde festgelegt, dass ab dem 15. Februar 2023 das Verschießen und Mitführen von bleihaltiger Munition während der Jagd in und im Umkreis von 100 m von Feuchtgebieten verboten ist.

Diese EU-VO gilt direkt und unmittelbar, weiterer Umsetzungsschritte durch den Bundes- oder Landesgesetzgeber, also einer Umsetzung in nationales Recht, bedarf es nicht.

Nach der VO werden in Anlehnung an die Definition des Begriffs in der Ramsar-Konvention „Feuchtgebiete“ wie folgt interpretiert: „Feuchtgebiete sind (…) Feuchtwiesen, Moor- und Sumpfgebiete oder Gewässer, die natürlich oder künstlich, dauernd oder zeitweilig, stehend oder fließend sind und aus Süß-, Brack- oder Salzwasser bestehen, einschließlich solcher Meeresgebiete, die eine Tiefe von sechs Metern bei Niedrigwasser nicht übersteigen.“

Allerdings beschränkt sich der Geltungsbereich der VO nicht nur auf die im Rahmen der Ramsar-Konvention gemeldeten Gebiete, sondern er erstreckt sich auf alle Feuchtgebiete, die der o.g. Definition entsprechen. Die VO übernimmt zwar die Feuchtgebietsdefinition der Konvention, sie beschränkt sich aber nicht auf die Gebietskulisse der Ramsargebiete.

Aus Sicht des StMUV ist diese Definition auf funktional wirksame Feuchtlebensräume zu beschränken. Entwässerte Niedermoore, die rein landwirtschaftlich genutzt werden, sind aus Sicht des Ministeriums z. B. nicht durch die o. g. Definition abgedeckt. Zu nassen bis feuchten Lebensräumen, die definitionsgemäß „Feuchtwiesen, Mooren oder Sumpfgebieten“ entsprechen, gehören nach Meinung des Bay. Umweltministeriums z. B. Moore und Sümpfe mit natürlicher Vegetation, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Pfeifengraswiesen sowie nasse Moor-, Bruch-, Sumpf- und Auwälder. Als Gewässer wären natürliche und künstliche Fließ- und Stillgewässer und regelmäßig überflutete Auenbereiche und Talräume anzusehen. Ferner ist der jeweils erforderliche Pufferstreifen um Feuchtgebiete von 100 m zu beachten.

Die Erstellung einer Kulisse ist vom StMUV nicht beabsichtigt, zumal dies nicht notwendig und in der EU-Verordnung nicht vorgeschrieben ist. Da eine definitionsgemäße Ansprache der relevanten Feuchtgebiete den orts- und naturkundigen Jägern auch so möglich ist, wird ein derartiger Verwaltungsaufwand für verzichtbar und eine rein deskriptive Auslegung der Definition der EU-VO wie oben für ausreichend gehalten.

Mithin ist nach diesseitiger Ansicht die Stellung der Jägerinnen und Jäger, die bestens mit ihrem Revier vertraut sind, gestärkt und unnötiger Bürokratismus vermieden worden.

 

NACHTRAG DES JJV DACHAU:

In dieser Information wurde nicht auf die Problematik des Mitführens bleihaltiger Munition eingegangen, die von verschiedenen Medien thematisiert wurde:

“Das Bleischrotverbot im Umkreis von Feuchtgebieten stellt einen massiven Einschnitt für die Flintenjagd dar. Alleine das Mitführen bleihaltiger Schrotmunition im Schutzbereich stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann empfindlich geahndet werden.” 
Quelle: Pirsch | 6.10.2023

“Als rechtlich problematisch erweist sich eine Beweislastumkehr zulasten des Jägers beim Mitführen von bleihaltiger Schrotmunition: Hat er diese bei einer Kontrolle in der Nähe von Feuchtgebieten dabei, soll die Unschuldsvermutung ausgehebelt werden. Der Jäger muss künftig nachweisen, dass er die Munition nicht zur Anwendung gebracht hat. Diese Beweislastumkehr verstößt laut DJV gegen rechtsstaatliche Grundsätze, wenn ein Verstoß gegen die Verordnung sanktioniert wird.”
Quelle: DJV | 9.1.2023